Berge und Meer

Nach Valencia führt unsere Route ein wenig ins Inland zu einer Unterkunft, in der ich meinen Geburtstag verbringe, in einem ruhigen Dorf, umgeben von Hügeln und Höhlen. Das kleine Haus verfügt über eine Sprudelwanne. Ich weiche ein, schrubbe mir mit dem Hammam-Schwamm aus Agadir ein Kilo tote Haut ab, werde mit einer Fußmassage verwöhnt und freue mich über alle meine Lieben, die an mich gedacht haben 🙂 Ein echter Seelenpflege-Aufenthalt. Danach geht es wieder Richtung Meer, unterwegs kommen wir durch Peniscola (hihi) und bummeln über die Castillo-Halbinsel. Wir folgen dem Tipp von Simon, den wir in Malaga getroffen hatten ins Ebro-Delta. Die tollen Grünschattierungen der Reisfelder kommen nicht zur Geltung, da der Himmel voller Regenwolken hängt, dafür wirkt die Landschaft verwaschen wie ein Aquarellbild. Am endlosen Strand verlieren sich die Besucher oder vielleicht haben sich auch alle vor den Mückenschwärmen in ihren Zelten verschanzt.

Für uns geht die Fahrt nach Saragossa. Die Stadt wirkt, als ob sie noch wachsen will, viele Shoppingstraßen laden zum Geldausgeben ein, die Gassen um die überdemensionierte Kathedrale sind gemütlich.

Wir sehen fast drei Tage lang kein Auto, sondern überwinden die stetige Steigung wieder auf den Vias verdes. Die Landschaft ändert sich jeden Tag, erst fahren wir durch enge, steile, grüne Täler, dann weitet sich der Blick in den hügeligen Schlachtfeldern Aragoniens und schließlich sind wir in der spanischen Steppe, wo bei unserer Ankunft das Nowhere-Festival gerade zuende geht. I´m nowhere, I´m now here. Gestern und Morgen sind nicht wichtig, nur das Jetzt, eine Lektion, die mich stetig herausfordert. Auf dem Caravanplatz in der Nähe bekommen wir eine kleine Stelle unter Pinien für unser Zelt, die 30 Bewohner im Dorf verursachen kaum Lichtverschmutzung und nachts sind nur die Zikaden zu hören. An der Strecke liegen viele Einsiedeleien, meist erhöht sodass sie nur selten unser Ziel sind. Wir finden einen Radweg, der uns weg vom Verkehr der großen Bundesstraße durch Obstplantagen führt.

Die Region wechselt, die Sprache auch, wir nähern uns den Katalonischen Pyrenäen. Bevor wir ein letztes Mal durch spanische Berge fahren, haben wir Glück mit dem Campingplatz. Er liegt unscheinbar an der Straße aber hinter der Gebäudefront warten schattige Plätze auf uns. Absolut unschlagbar ist die Aussicht vom Pool. Nach einem tollen Abendessen treffen wir an der Bar ein belgisches Paar, das mit dem Camper unterwegs ist und mit Motorrädern die Gegend erkundet. Wir bleiben einen Tag, setzen unser Zelt instand und genießen den Pool, den wir fast für uns allein haben. Allgemein können wir es uns im Moment sehr oft am Ende des Tages badend gut gehen lassen. Mal im Meer, in Pools (Christian besorgt sich extra ein enges Badehöschen, Shorts sind in Frankreich im Pool nicht gestattet), einem See und einmal sogar im Segre, dem Fluss, dem wir aus Spanien hinaus folgen. Wir durchfahren die Pyrenäen durch die Täler zweier Flüsse und verabschieden uns nun von der iberischen Halbinsel. Soviel haben wir von diesenn tollen Ländern gesehen, die Berge verflucht und bewundert, wir hatten Eis am Zelt und 40 Grad im Schatten, eine Stadt nach der anderen hat unser Herz erobert und so liebe Menschen haben uns ihre Türen geöffnet. Frankreich versüßt uns den Übergang mit seinen Konditorei-Spezialitäten und tollem Brot, endlich nicht mehr nur Schokolade in Blätterteig, juhu!

Auf halbem Wege der 14 km Abfahrt und 10% Gefälle stoppen wir bei einem Campingplatz in einem kleinen Dorf, das von einem Belgier in den 70er Jahren gekauft wurde. Auf dem Hof, den mittlerweile seine Tochter führt, können Zeltcamper die liebevolle Camperküche und das Außenwohnzimmer nutzen, viel Liebe und Handwerkertalent sind spür- und sichtbar. Was einst ein freies Hippieparadis war, ist nun ein beliebter Urlaubsort für Familien. In der Umgebung gibt es viel zu entdecken, ein kleiner gelber Zug überwindet auf Hänge- und Bogenbrücken die Steigung, nach einem langen Tag kann man sich in heißen Quellen entspannen. Die haben wir leider nicht gefunden. Dafür sind wir durch die Caranca-Schlucht gewandert. Der Weg führt erst steil hinauf, dann ist er in die Felswand gegraben. Hört man beim Aufstieg noch die stark befahrene Talstraße, ist es nach der Kurve still, nur der Fluss rauscht weit unten. Wir haben den Weg fast für uns allein, lediglich ein paar Schmetterlinge suchen eine Gelegenheit, ein Stück des Weges getragen zu werden. So anders sehen die Bergehänge hier aus, dicht bewachsen in satten Grüntönen. Am Abend sitzen wir mit Andy und Karen zusammen, sie laden uns zu Pastis ein und erzählen uns von der Geschichte des Ortes. Karen kommt schon seit 20 Jahren immer wieder hier her und wir können gut verstehen, wieso.

Das ist wirklich was anderes, als die großen Entertainment-Campingplätze mit Rutschenparks der Küste. An denen fahren wir immer wieder vorbei, wir suchen nach den Camping municipal, die günstiger und ruhiger sind. Der Weg führt uns entlang von Kanälen, über Salzfelder und immer wieder direkt zur Küste. Bald geht es durch die Camargue in Richtung Marseille. Zu Beginn der Reise haben wir gesagt, wir reisen, so lange Kopf, Körper und Konto uns lassen. In letzter Zeit mucken die Körper immer wieder auf, aktuell ruht Christian seinen geschwollenen Ellenbogen aus. Kühlen, Quarkpackung und Entzündungshemmer, ein Glück kam die Schwellung „passend“ zum geplanten Aufenthalt in Montpellier. Drückt die Daumen, dass sie sich so schnell verabschiedet, wie sie gekommen ist.

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